Barrierefreie Website: alles rund um Pflichten & Umsetzung
Bildnachweis: Mikhail Nilov von Pexels

12.03.2025 10:13, zuletzt aktualisiert 14.03.2025 12:19
manitu

Barrierefreie Website: alles rund um Pflichten & Umsetzung

Die Umsetzung der barrierefreien Website wird ab 2025 für viele Unternehmen zur Pflicht. Wir zeigen, wer betroffen ist und welche Anforderungen gelten.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 – Grundlagen im Überblick

Menschen mit Seh- oder Hörbehinderungen, motorischen Einschränkungen oder kognitiven Beeinträchtigungen stoßen im Netz immer wieder auf Barrieren. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) zielt darauf ab, diese Barrieren abzubauen und allen Menschen unabhängig von körperlichen oder kognitiven Einschränkungen Zugang zum Internet zu gewähren. Das im Jahr 2021 beschlossene Gesetz setzt die EU-Richtlinie des European Accessibility Act (EAA) in deutsches Recht um und ist ab dem 28. Juni 2025 verbindlich. Ab diesem Datum müssen alle betroffenen Websites und digitalen Angebote barrierefrei gestaltet sein. Wir zeigen, für wen die Umsetzung der barrierefreien Website verpflichtend ist und welche Maßnahmen erforderlich sind, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.

Für wen ist die Umsetzung einer barrierefreien Website Pflicht?

Die Barrierefreiheit einer Website wird ab 2025 Pflicht. Diese Verpflichtung ist prinzipiell nichts Neues – Behörden und öffentliche Stellen müssen ihre Websites und Apps in Deutschland schon seit 2019 barrierefrei gestalten. Grundlage hierfür ist die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0), die auf der EU-Richtlinie 2016/2102 basiert. Mit dem Inkrafttreten des BFSG am 28. Juni 2025 sind erstmals auch privatwirtschaftliche Unternehmen zur Einhaltung von Barrierefreiheitsstandards verpflichtet.

Wer ist konkret betroffen?

Das BFSG gilt für Unternehmen aller Branchen, die bestimmte digitale Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die wesentlich für den Alltag sind. Dazu gehören unter anderem:

  • Online-Shops und E-Commerce-Plattformen, die Produkte oder Dienstleistungen an Endkunden vertreiben

  • Banken und Finanzdienstleister mit digitalen Angeboten wie Online-Banking

  • Versicherungen mit digitalen Angeboten

  • E-Book-Anbieter und Online-Bibliotheken mit entsprechender Software

  • Streaming- und Medienplattformen

  • Telekommunikationsanbieter mit Telefondiensten und weiteren digitalen Services

  • Öffentliche Verkehrsanbieter (z. B. Buchung von Tickets)

  • Gesundheitsdienstleister mit digitalen Schnittstellen wie Online-Terminbuchung oder Patientenportal

Wichtig: Prinzipiell hängt die Pflicht zur Umsetzung nicht von der Branche, sondern von der Art der angebotenen Dienstleistung ab. Sobald eine Website Funktionen für „elektronischen Geschäftsverkehr“ enthält, fällt sie unter das BFSG. Darunter versteht das Gesetz alle Plattformen, über die Verbraucher Transaktionen oder vertragliche Vereinbarungen tätigen können. Das umfasst neben Online-Shops auch Websites mit Terminbuchungsfunktionen, Kontaktformularen oder anderen interaktiven Elementen, die eine Vertragsanbahnung ermöglichen.

Wer ist von der Pflicht ausgenommen?

Von der Pflicht zur barrierefreien Website ausgenommen sind:

  • Kleinstunternehmen, die weniger als zehn Mitarbeitende beschäftigen und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von unter 2 Millionen Euro aufweisen.

  • Reine B2B-Unternehmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen ausschließlich anderen Unternehmen anbieten und keine Interaktion mit Endverbrauchern haben.

  • Websites ohne interaktive Elemente, die keine Interaktionsmöglichkeiten wie Kontaktformulare, Buchungssysteme oder Online-Shops bieten und lediglich der Information dienen.

  • Bestehende Inhalte, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden und nach diesem Datum nicht mehr aktualisiert oder überarbeitet werden.

ür bestehende Inhalte gilt eine Übergangsfrist bis Mitte 2030, bis zu der sie barrierefrei gestaltet werden müssen. Inhalte, die nach dem 28. Juni 2025 veröffentlicht werden, müssen den neuen Anforderungen an die barrierefreie Website sofort entsprechen.

Anforderungen an eine barrierefreie Website – Checkliste

Eine barrierefreie Website muss bestimmte technische und gestalterische Anforderungen erfüllen. Das ab 2025 verbindliche Barrierefreiheitsstärkungsgesetz orientiert sich an den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die international als Standard für digitale Barrierefreiheit gelten. Um eine barrierefreie Website nach diesen Standards zu gestalten, müssen die Kriterien der Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit erfüllt werden.

Wahrnehmbarkeit

  • Textalternativen für visuelle Inhalte: Alle Bilder, Grafiken und andere nicht-textuelle Elemente benötigen aussagekräftige Alternativtexte, damit sie auch für Menschen mit Sehbehinderungen zugänglich sind. Rein dekorative Elemente sollten als solche gekennzeichnet werden. Auch Videos müssen mit Untertiteln versehen sein.

  • Kontraste und Farben: Für eine gute Lesbarkeit sollte ausreichend Kontrast zwischen Text und Hintergrund bestehen. Die WCAG empfehlen ein Kontrastverhältnis von mindestens 4,5:1. Wichtige Informationen sollten nicht ausschließlich über Farben vermittelt werden.

  • Anpassbare Darstellung: Nutzer sollten die Möglichkeit haben, die Darstellung der Inhalte an ihre Bedürfnisse anzupassen. Die Inhalte einer Website sollten auch bei einer Vergrößerung von 200 % ohne Probleme nachvollziehbar sein. Empfohlen ist neben einem responsiven Design auch die Verwendung gut lesbarer Schriftarten.

Bedienbarkeit

  • Tastaturzugänglichkeit: Alle Funktionen sollten nur mit der Tastatur bedient werden können, um Menschen mit motorischen Einschränkungen den Zugang zu ermöglichen.

  • Navigation und Orientierung: Eine klare und konsistente Navigationsstruktur erleichtert Nutzern die Orientierung auf der Website. Für Tastaturnutzer und Screenreader-Anwendungen sollten Skip-Links verfügbar sein. Sinnvolle Seitentitel und eine hierarchische Überschriftenstruktur ermöglichen eine strukturierte Navigation durch die Inhalte.​

  • Zeitabhängige Inhalte: Inhalte, die zeitlich begrenzt sind, wie beispielsweise automatische Slideshows, sollten pausiert, gestoppt oder verlängert werden können, damit alle Nutzer ausreichend Zeit für die Wahrnehmung und Interaktion haben. ​Flackernde und blinkende Elemente sollten vermieden werden.

Verständlichkeit

  • Sprache und Lesbarkeit: Texte sollten in klarer und einfacher Sprache verfasst sein. Fachbegriffe oder Abkürzungen sollten erklärt werden, um Missverständnisse zu vermeiden.​ Fremdsprachige Zitate sollten ebenfalls entsprechend gekennzeichnet werden.

  • Vorhersehbare Bedienung: Interaktive Elemente sollten konsistent gestaltet sein und keine unerwarteten Aktionen auslösen. Links und interaktive Elemente müssen deutlich als solche erkennbar sein.​

  • Eingabehilfen: Formulare sollten mit klaren Labels versehen sein, die den Zweck jedes Feldes erläutern. Bei fehlerhaften Eingaben sollten spezifische Fehlermeldungen angezeigt werden, die bei der Korrektur helfen.​

Robustheit

  • Technische Grundlagen: Der Quellcode sollte den aktuellen Webstandards entsprechen, um die Kompatibilität mit verschiedenen Browsern und Geräten sicherzustellen. Die Grundlage für eine barrierefreie Website bildet ein valider HTML-Code nach W3C-Standards – wichtig ist eine klar strukturierte Domain , die Nutzer leicht erfassen können.

  • Kompatibilität: Die Website sollte mit assistiven Technologien wie Screenreadern oder Braillezeilen kompatibel sein. Dies erfordert eine saubere semantische Struktur des HTML-Codes (Was ist HTML?) und die Verwendung standardisierter Webtechnologien.​

Website barrierefrei machen – Tipps für die Umsetzung

Für die Überprüfung und Verbesserung der Barrierefreiheit stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Für eine erste Analyse eignen sich automatisierte Tools wie WAVE, Axe DevTools oder der in Chrome integrierte Lighthouse-Test. Diese identifizieren etwa 30-40 % der Zugänglichkeitsprobleme und erkennen unter anderem fehlende Alt-Texte für Bilder, unzureichende Farbkontraste, fehlende Formular-Labels und fehlerhafte Überschriftenstrukturen. Für eine umfassendere Prüfung sollten jedoch manuelle Tests durchgeführt werden, bei denen Personen mit unterschiedlichen Behinderungen einbezogen werden. Diese geben wertvolle Einblicke in die tatsächliche Nutzbarkeit der Website und können auf Barrieren hinweisen, die von den Tools möglicherweise übersehen werden.

Für die Umsetzung einer barrierefreien Internetseite gibt es verschiedene Lösungsansätze – prinzipiell können Unternehmen diese mit eigenen Ressourcen vornehmen, soweit sie über das nötige Fachwissen verfügen. Accessibility-Overlays stellen eine weitere Möglichkeit dar, die Anforderungen an eine barrierefreie Homepage zumindest teilweise umzusetzen. Ergänzend dazu gibt es für Content-Management-Systeme (CMS) wie WordPress, TYPO3 oder Drupal spezielle Plugins, die bei der Umsetzung von Barrierefreiheit im Web unterstützen.

Mehr Informationen zu den einzelnen CMS finden Sie in unserem CMS-Vergleich. Gerne zeigen wir Ihnen darüber hinaus, wie Sie Ihre eigene WordPress-Website erstellen. Sie sind für Ihre Website auf der Suche nach einer geeigneten Plattform? Mit unserem Webhosting profitieren Sie von einer zuverlässigen und leistungsstarken Hosting-Umgebung. Mit manitu schaffen Sie die optimale Grundlage für eine BFSG-konforme Website, die alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt und für alle Nutzer gut zugänglich ist.

Barrierefreiheit Tipps Webseite
Der Inhalt dieser Seite dient ausschließlich zu Informationszwecken. Es wird keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der bereitgestellten Informationen übernommen. Die Informationen auf dieser Seite sind insbesondere nicht rechtsverbindlich und stellen keinen Teil der Leistungsbeschreibung dar.